Okay, der Titel für das Buch (mein Buch) steht fest - so oft, wie ich mir jetzt schon selber das "Denkste" an den Kopf geworfen habe, finde ich kein besseres Wort mein neuseeländisches Leben zu beschreiben. Nun aber zum Titel des aktuellen Blogeintrags. Die letzten 48 Stunden hätten unterschiedlicher nicht sein können. Nun gut - hätten sie, wenn an einem Tag einfach mal nichts passiert wäre. Wie bereits berichtet, habe ich die letzten Tage in Wellington verbracht und das dortige Stadtleben in vollen Zügen genossen: Spät aufstehen, Kaffee trinken, ins Café gehen und wieder Kaffee trinken und abends was leckeres essen (wenn die WG denn mal gekocht hat - sonst gab es halt Toast... mit Kaffee). Umso deutlicher wurde meine Reiseunlust bei meinem letzten Gespräch vor der Abfahrt aus Wellington mit meiner Mama (über Internet). Ich wollte nicht weg. Das kostet alles immer einen Haufen Geld und ist wirklich anstrengend, da man auf jeden Komfort vorerst verzichten muss. Dennoch habe ich mich optimistisch stimmen lassen und bin mit dem Schlachtruf "Das wird schon!" (Innerlich war es eher ein "Muss ja werden") Los gezogen. Noch ehe ich wirklich aufbrechen konnte ging der ganze Trubel aber auch schon los. Ich schlief die letzte Nacht auf der WG-Couch und wurde mitten in meinen schönsten Träumen und einer kalten weiblichen Roboterstimme geweckt. Ich habe zwar bei Technikfreaks gewohnt, aber das hatte selbst ich nicht erwartet. Nur langsam bekam ich mit, wer die drei Menschen unweit meines Bettes waren, warum zwei von ihnen neonfarbene Jacken trugen und wo diese seltsame Stimme herkam. Einer meine Mitbewohner hatte einen Anfall und ist mehrfach weg getreten, musste sich übergeben und klagte von starken Schmerzen im ganzen Körper, weswegen er den Rettungsdienst gerufen hatte. Dieser nahm in nach ein paar Untersuchungen vor Ort auch gleich mit ins Krankenhaus. Das musste so zwischen 4 udn 5 Uhr gewesen sein - so wirklich einschlafen konnte ich danach nicht mehr, weswegen ich mich dann gegen 8 Uhr mit einem leckeren Kaffee weckte. Gegen 12 Uhr kam dann zum Glück mein Mitbewohner mit einer guten Dosis Morphium aus dem Krankenhaus zurück und wollte mich auch gleich in die Stadt zur Fähre begleiten, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Das Wetter war herrlich und nahezu jeder meinte, dass ich auf meiner Fährfahrt ein paar Delphine sehen könnte - alles prima also. Um 2 Uhr sollte meine Fähre gehen, kurz vor 1 Uhr wollte ich einchecken - und da kam es wie es kommen musste: Denkste! Ich weiß nicht, was ich genau falsch gemacht haben muss, um den Mist zu verbocken, aber ich hatte die falsche Fähre gebucht, wie man mir mitteilte. Ich hatte zwar die 2-Uhr-Fähre für einen Erwachsenen mit Auto (unter 5 Meter) gebucht, nur ging die Fähre von Picton nach Wellington... hmmmm. Das war natürlich sehr ungünstig, zumal die Tickets nicht die billigsten sind und mein Budget etwa auf Schlumpfengröße eingegangen ist. Nach einigem Hin und Her mit vielen traurigen Blicken konnte ich die Angestellten der Fährfahrtsgesellschaft dann doch davon überzeugen, dass ich es verdient hatte kostenlos einen Transfer meines Tickets für die Nachtfähre VON Wellington aus zu bekommen. Situation gerettet - Delphine verpasst. Das war nun schon der zweite Schock - es wurde also Zeit mir etwas gutes zu tun und die Zeit bis 9 Uhr sinnvoll zuverbringen. Te Papa kam mir in den Sinn. Das neuseeländische National History Museum. Ähnlich dem englischen war das National History Museum eine große Sache und bot mir mehrere Stunden eine gute Unterhaltung. Mich beschlich allerdings ein ungutes Gefühl, als ich zurück in die Tiefgarage lief, um mein Auto zur Fähre zu bringen. Ich musste erst in 30 Minuten an der Fähre sein und hatte dann noch eine ganze Stunde Zeit - irgendetwas verriet mir, dass diese Zeit viel zu knapp ist, obwohl der Fährhafen nur 3 Minuten von Te Papa entfernt liegt. Die Türen vom Auto waren abgeschlossen, niemand hatte eingebrochen, die Reifen waren okay und ich hatte auch kein Licht brennen lassen. Selbst meinen Schlüssel hatte ich noch bei mir. Ich setzte mich ins Auto und mein erster Blick fiel auf die Tankanzeige (zeigt auch bei ausgeschaltetem Motor den richtigen Füllstand an) - auch hier stimmte noch alles, der Tank war halbvoll. Ich wusste nicht, was es war, das mich beunruhigte. Waren Erfahrungen, hatte ich ein kleines Detail unterbewusst wahr genommen oder hatte ich schon Paranoia? Ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss, dreht mich um zum Ausparken und... Momemt! Der Motor startete nicht! Verdammt! Was jetzt? Selbst, wenn ich jetzt meine letzten Kraftreserven zusammen nehme, kann ich das Auto unmöglich bis zur Fähre schieben und selbst wenn, wie bekomme ich es von der dann weg? Von dem mörderischen Verkehr von Te Papa zur Fähre wollte ich in dem Moment erst gar nichts wissen. Tief durchatmen! Klar denken! Ohne Auto bin ich auf der Südinsel aufgeschmissen. Aber ich muss auf die Südinsel. Und nochmal das Ticket für lau tauschen, kann ich vergessen. Nochmal tief durchatmen. Noch 27 Minuten. Okay, da war es! Ich hatte Problem und Lösung erkannt. Ich brauchte nur noch die nötige Portion Glück (Die Erfahrung aus Computerspielen hat mich hier einmal wieder gerettet). Das Problem war: Ich hatte meinen Laptop am Ladegerät fürs Auto stecken lassen. Für 1-2 Stunden bei abgestelltem Motor ist das kein Problem, doch nach meiner Tagestour war die Batterie des Laptops voll und die des Autos leer! Die Lösung war ganz einfach: Starterkabel besorgen und einen Freiwilligen auswählen, der mir erklärt, wie ich mit seinem Auto, meins starten kann (ich hab das ja noch nie gemacht.) Da ich weiß, wie neuseeländische Autos ausgestattet sind, wusste ich, dass es besser ist, das Starterkabel seperat zu besorgen. Wo bekommt man also nach 8 Uhr abends in Wellington in kürzerster Zeit ein Starterkabel her? Genau! Bei einem Geschäft mit der Thematik "Autos", das zu der Uhrzeit noch offen hat. Und welches Geschäft hat in der nachts nahezu ausgestorbenen Innenstadt (CBD - Central Bank District) noch offen? Genau! Die Tankstelle vom Inder. Und emmigrierte Inder sind im allgemeinen sehr freundliche Menschen - so auch dieser. Das Starterkabel im Inventar hatte ich noch 19 Minuten, jemanden in die Tiefgarage zu beordern, der mir Starthilfe gibt und anschließend musste ich das Kabel zurück bringen und dann schnell zur Fähre. Der Kassierer des Parkhaus konnte mir mit seinem Mountainbike leider nicht helfen und Te Papa war bereits geschlossen. 11 Minuten bis zur Deadline. Da sah ich eine Frau mit Jeep das Parkhaus verlassen. Man kann sich nur sehr schwer vorstellen, wie ich dem Auto hinterher gerannt bin - ich kann nur sagen, dass es sehr lustig oder sehr beängstigend aussah - je nach dem ob man sich vor oder hinter mir befand. Die Fahrerin fand es wohl eher beängstigend, denn obwohl ich sie stoppen konnte, wollte - ähm - konnte sie mir angeblich nicht helfen, da sie ihre Tochter vom Flughafen abholen musste. Mir fiel in diesem Moment ein Großteil des Vokabulars ein, dass ich bei Riverlands gelernt hatte... Ich ließ es aber bleiben. Schließlich wurde es mir aber zu dumm und ich stoppte kurzer Hand einen BMW (älterer Herr mit hübscher junger Dame) vor dem Parkhaus, fleht um Hilfe und siehe da - meine Not war anscheinend doch ersichtlich! 6 Minuten noch. Das Auto lief und ich brachte schnell das Kabel zurück - die Betonung liegt dabei auf "schnell". Der ältere Herr hatte mir noch eingeschärft, das Auto ja ordentlich in die hohen Drehzahlbereiche zu bringen um Batterie für einen weiteren Start aufzuladen. Auch wenn ich nicht denke, dass ich geblitzt wurde - möglich wäre es definitiv. Bei der Fähre kam ich keine Minute zu zeitig an, denn just als ich ankam wurden die Schotten (der Rezeption) dicht gemacht. Noch schnell die Marke für mein Auto abgeholt und ab aufs Schiff. Glück gehabt! Gegen nachts um 1 Uhr konnte ich dann in Picton das Schiff verlassen - der Motor sprang ohne Probleme an. Ich bin dann etwa 20 Minuten durch die Gegend gerast und habe mir dann eine Tankstelle mit Nachtschalter gesucht. Dort gab es Benzin für das Auto und Red Bull für mich, was uns beide dann einen 3-stündigen Nachttrip bescherte (Ich wollte sicher gehen, dass die Batterie wieder aufgeladen war.). Als ich dann gegen halb fünf merkte, wie ich unglaublich schnell müde wurde, habe ich mein Auto an der Küste geparkt, mich in meinen Schlafsack gerollt und bis zum nächsten Morgen friedlich geschlummert. Der Tag war gerade aus gesagt scheiße! Und die Aussicht für die nächsten 24 Stunden war nicht viel besser. Das Geld reichte für Sprit und Essen, aber eine Unterkunft wäre wohl dann doch zu viel. Ich hatte keine Dusche und keinen Stromanschluß. Es war also an der Zeit alles ein bisschen besser zu organisieren. Zu erst musste ich aber nach Rangiora - eine kleine Stadt nahe Christchurch, wo ich meine praktische Prüfung für den Führerschein mache. Um es kurz zu fassen - ich habe einen kostenlosen und zeitlich unbegrenzten Parkplatz gefunden, der trotz zentraler Lage schön versteckt liegt (ich kann also in Ruhe bis 8 Uhr schlafen). Ich habe zwischen 8 und 18 Uhr kostenloses Internet und zwischen 9 und 17 Uhr habe ich sogar Steckdosen. Heute habe ich mir eine Dusche erkauft - Wenn man sich aller 2-3 Tage den 2,50€ teuren Eintritt ins Schwimmbad leistet, geht das. Im Vergleich dazu kostet das billigste Zimmer der Stadt 30 €. Das ist zwar noch einigermaßen günstig, aber das Geld dafür will ich einfach nicht haben. Meine nächsten zwei Ziele sind "Wasser kochen" und ein "Indoor-Schlafplatz". Warum ein Indoor-Schlafplatz? Nun, ich kann im Auto immer nur durchgängig 2 Stunden schlafen und aller 4 Stunden muss ich dann mal den Motor starten und für 10 Minuten die Heizung laufen lassen, um nicht zu erfrieren (naja, es ist nicht soooo kalt, aber angenehm auf gar keinen Fall). In diesem Sinne, freut euch, über das was ihr habt!
Achtung, bin umgezogen!
vor 5 Jahren
3 Kommentare:
die parkhaus-szene ist doch filmreif!
und "denkste!" halte ich ebenfalls für den treffendsten titel. solange du die steine auf deinem weg mit viel charme wegräumst, muss ich mir keine ernsthaften sorgen machen.trotzdem kann ich mir vorstellen, dass ein geruhsamer deutscher trott momentan eine verlockende aussicht für dich sein muss.
halte durch! die mama
war wie immer sehr spannend, hoffen nur, dass deine probleme oder ereignisse nicht größer werden. halt dich weiterhin so wacker. drücken dir die Daumen.
die hütte
Meine Güte,
ist ja ziemlich viel passiert bei dir. Und wie du dich so schön in und wieder aus brenzlige, nervige, lustige, unschöne, schöne, abenteuerliche und vor allem Verrückte Situations manövrierst... herrlich kann ich da nur sagen und werde sogleich zum Foto-Album lunschen gehen. ;-)
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