Nachdem ich eine wirklich harte Ankunft hinter mir hatte, malte ich mir mit den 2 neuen Mitbewohner wirklich schon Schlimmstes aus. Aber -frisch geduscht und müde- beschloss ich, einfach ins Bett zu gehen. Einen Kopf konnte ich mir auch noch später machen. Also raus aus den Klamotten und ab ins Bett… Haha – falsch gedacht! Ich hatte mich grad gemütlich eingekuschelt, als es an der Tür klopfte. Das Mädchen von der Rezeption. „Es tut mir leid, dich so spät noch zu stören, aber ich habe dir leider das falsche Zimmer zugewiesen. Macht es dir was aus, umzuziehen?“ Nein… Natürlich nicht. Deswegen steh ich ja auch schon in Boxershorts und mit nassen Haaren vor dir. Und hinter mir kannst du deswegen auch schon den Klamottenberg sehen (ich hatte was gesucht).
Grummelnd packte ich meine Tasche, warf mir schnell noch ein paar Klamotten über und wurde in mein neues Apartment begleitet – kleiner, mehr Menschen und keine extra Toilette mehr – die war von nun an auf dem Flur! Egal – ich wollte nur noch schlafen. Bett rausgesucht, Sachen in die Ecke geworfen, Augen zu und eingeschlafen – Denkste! Mein Handy klingelte! Frances und Raphael waren dran. Die zwei Berliner, die mit ihren Eltern hergezogen waren. Wir quatschen ein paar Minuten und dann konnte ich endlich einschlafen.
Am nächsten traf ich mich dann mit Frances zum Trinken – Ja, ich hatte mir nur Trinken zum Ziel gesetzt! Also los zum Liquior-Store. Eine Flasche Vodka und 3 Liter Mountain Dew (eine Limo) besorgt und mit Trinken angefangen, dann zum Konzert, bei dem auch Raphael spielte. Die Location war der Hammer. Ein altes Hospital, das vor lauter Holzverzierungen und –verschnörkelungen nur so strotzte.
Vom Konzert ging es weiter zu einer Privatparty – Ebenfalls überwältigtend! Ca. 50 Leute feierten recht wild in einer Wohnung – dabei ging eine Wand zu Bruch), auf der Straße patrollierte die Polizei und nach etwa 2 Stunden traf eine Gang ein und ich wurde von einem Neuseeländer schnell über die bestehenden Gangs aufgeklärt und lernte so innerhalb kürzester Zeit, welche Gangs sich in Auckland gegenseitig niederschossen und auf dem Rest der beiden Inseln „lediglich“ mit Messerstechereien und einfachen Schlägereien für Unruhe sorgten.
(Anmerk. d. Red.: Außerhalb von Auckland braucht man sich gegenüber den Gangs keine Sorgen um sein Leben zu machen. Die sind eher harmlos und nur untereinander auf Gewalt aus)
Die Feierlichkeit wurde dann irgendwann in den frühen Morgenstunden von dem Landlord (in etwa sowas wie ein Hausherr – in diesem Fall weiblich und min. 70 Jahre alt) und der Polizei aufgelöst. Das Ganze dauerte nur etwa 45 Sekunden. Die Party muss man sich in etwa so vorstellen, wie man sie aus diversen amerikanischen Teenagerkomödien kennt.
Die nächsten Tage wurde gegammelt, eingekauft, Stadt erkundet, den Rest der Berliner Familie kennengelernt, Kunstaustellungen besucht und mit Roommates (Zimmergenossen) gekocht – Willi’s Leibgericht: Lasagne!
Da das aber auf die Dauer teuer und unbefriedigend ist und es in New Plymouth eher schwer war, Arbeit zu finden, habe ich mich kurzer Hand zum WWOOFer (WWOOF ist eine Organisation, die Backpackern zu Jobs auf Farmen verhilft. Die Farmen erklären sich dann bereit für das leibliche Wohl und die Unterkunft der WWOOFer zu sorgen. Aus der Abkürzung WWOOF werden alle möglichen Wörter gebildet, z.B.: WWOOFen, WWOOFing, WWOOFhost etc.) erklärt und Jenny aus Bell Block hat mir dann per Mail auch sofort geantwortet.
Und somit ging es dann Bell Block einem Sub-Urb von New Plymouth. Hier sollte es dann auch sofort die Gründe für sehr treffende Überschrift meines letzten Blogeintrags geben. Aber alles der Reihe nach.
Ich wurde in New Plymouth am Backpackers von einem sehr dreckigen und merkwürdig riechenden Pick-Up eingesammelt. Mit im Auto saßen bereits erwähnte Jenny die WWOOF-Host-Mum und Charles ein französischer WWOOFer. Es wurde nett geplaudert und nach etwa einer viertel Stunde Fahrt standen wir vor einer idyllischen Villa aus den 20ern umgeben von bunten Sträuchern und Blumen, sowie Feldern voller Kühe. Der Hof der Villa sah dann aber wieder wie ein Bauernhof aus. Hund und Katze tollten vor dem Schuppen und überall lag irgendwas, die Hühner rannten über den Hof zu den Kälbern und ließen sich dort von einem der drei sehr stolzen Hähne beglücken.
Ach ich vergaß: der Geruch! Das ganze Gelände riecht nach ranziger Milch und Kuhscheiße. Das mit der Scheiße konnte ich verstehen, aber den Milchgeruch, der wesentlich schlimmer ist, konnte ich anfangs weder ein- noch zuordnen, aber nach dem ich ein paar neue Klamotten bekommen hatte, wurde ich meiner ersten Aufgabe zugeteilt und durfte sofort am eigenen Körper diesen Duft näher kennen lernen. Jennys Farm kauft 3 bis 4 Wochen alte Milch auf, von Kühen, die mit Antibiotika oder Penizillin behandelt wurden. Diese Milch muss in großen Tanks täglich per Hand umgerührt werden und wird anschließend den Kälbern als Nahrung ins Feld geschleppt. Die Medikamentendosis ist dabei dann so gering, dass sie für die Kälber als Vorbeugung reicht, aber nicht mehr in ihrer Milch landet. Die Milch bildet in diesen Tanks im Übrigen riesige Klumpen, die schon fast Butter sind – es macht einen Heidenspaß mit diesen Klumpen nach den freilaufenden Hühnern zu werfen.
Einige Stunden nach meiner Ankunft wurde noch ein weiterer WWOOFer geholt – Jens aus Berlin!
Man ist in diesem Land in keinem Ort vor den Deutschen sicher und ich stelle jetzt die waghalsige Behauptung auf, dass ich hier in jeder Stadt und jedem Dorf, dass ich besuche min. 1 Deutschen treffe – Mary ausgeschlossen.
Die Tage auf der Farm vergehen dann wie im Flug. Um 7.30 ist Frühstücken angesagt und dann geht’s auch schon los. Mit dem ATV (auch Quad genannt – vierrädriges Motorrad) wird den Kälbern das Futter und/oder die Milch gebracht. Es werden diverse Gartenarbeiten erledigt oder mal wieder etwas repariert (ich hab schon einen Zaun gebaut, ein sehr stabiles Tor für die Kälberwiegeanlage und ein weiteres Tor repariert – ich bin sehr stolz auf meine Arbeit!). Zwei bis dreimal die Woche müssen die Kälber gewogen werden. Das macht mir am meisten Spaß – obwohl man eigentlich eine hundertprozentige Garantie hat, mich Scheiße eingedeckt zu werden und von einem 90kg-Kalb getreten zu werden.
Das Ganze geht mit einigen Pausen bis ca. um 5 oder um 6 abends. Wo man sich dann bis etwa 8 ausruhen kann, ehe es Abendbrot gibt. Da ist dann auch Jon anwesend – Jennys Ehemann, der auf einem der Felder einen Computerladen unterhält und ein wahres Sinnbild der 70er ist.
Danach sieht man dann zu, dass man ins Bett kommt, e-Mails liest oder falls nicht schon vorher erledigt die täglich –dringend benötigte- Dusche besucht.
An einigen Tagen ist weniger zu tun, so dass wir die Möglichkeit haben mit den Rädern die Strände oder umliegenden Dörfer zu besichtigen. Und das ist der Wahnsinn – einfach unbeschreiblich. Ich komme von der Alm innerhalb von wenigen Minuten an einen kalifornischen Strand mit Palmen und zu allem Überfluss sehe ich nur wenige hundert Meter in eine andere Richtung irländische Steilküsten mit einem schneebedeckten Vulkan im Hintergrund und den unfassbar grünen Alm-Wiesen dazwischen. Ich habe hier landschaftlich gesehen einfach alles. Atemberaubend.
Last but not least – Was wäre meine Zeit hier ohne ein paar Unfälle?! Als ich versucht habe ein Tor zu reparieren, musste ich einen Pfahl etwas weiter in die Erde bringen und empfand dafür den Vorschlaghammer als sehr geeignet. Leider hatte ich von soweit unten, den falschen Winkel und konnte die Kraft nicht richtig übertragen. Also schnell was zum hochsteigen gesucht – eine Klappleiter gefunden. Wer sich bei „Vorschlaghammer“ und „Klappleiter“ an den Kopf greift, macht das zu Recht. Auch ich habe mir vorher gedacht, dass da schnell was schief gehen kann, aber ich wollte die Arbeit einfach schnell erledigen. Jedenfalls kam es, wie es kommen musste: Too much hammer, too less Willi – Ich verfehlte den Pfahl, konnte den Schwung des Hammers nicht ausbalancieren und fiel vorüber von der Leiter. Dabei riss ich das Tor sowie den Pfahl um und blieb schließlich in der Kuhscheisse liegen. Dabei habe ich mir nicht ganz unerheblich den Arm aufgekratzt und geschnitten – heilt aber schon wieder.
Weitere kleine Kratzer, Schnitte, Tritte und Unfälle sind hier an der Tagesordnung, aber nicht weiter erwähnenswert… Ich habe mir mit einem Nummernschild ein kleines Stück Handrücken weggesäbelt – das hat geblutet.
Achso: Noch ein paar letzte Worte zum Geburtstag. Den habe ich nicht gefeiert – mir wurde auch nicht gratuliert – es wusste auch keiner… Außer Frances… aber anscheinend WUSSTE sie es nur und hatte es bis zum Geburtstag vergessen. Jedenfalls bin ich an meinem Geburtstag Häuser angucken gefahren, denn die Berliner suchen ein neues Haus. Danach habe ich auf der Farm geholfen – das war‘s dann aber auch.
Ich danke den Leuten in Dresden (oder Dessau), die an mich gedacht haben – wir feiern dann einfach nach, wenn ich wieder in Dresden bin – dann fühle ich mich auch wie Geburtstag (eins der seltsamsten Gefühle, die ich je hatte – Mein Geburtstag ohne mich)
Bilder wird es im nächsten Monat keine geben: Ich habe zwar Internet, aber keinen USB-Port geschweigen denn eine Anschlussmöglichkeit für meinen Laptop.
UPDATE: Leider kann ich dir Bilder momentan nur als einfache Dia-Show hochladen und auch nicht sonderlich viele - die, die es gibt, gibts aber auch noch als extra Link zu runterladen!
Diashow in voller Groesse, Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5, Bild 6, Bild 7, Bild 8, Bild 9, Bild 10, Bild 11, Bild 12, Bild 13, Bild 14
Abschlussprüfungen
vor 6 Jahren
3 Kommentare:
Ach herrje...das klingt ja alles abenteuerlich. Du kommst uns noch als grobschlächtiger Mann mit Vollbart nach Haus... :D
Na, Hauptsache dir geht es (den Umständen entsprechend) gut und du hast Spass! :-)
die narben werden zeugnis ablegen über deine ruhmreichen kämpfe! und ich hoffte schon, auf einer beschaulichen farm könne man nicht verunglücken. trotzdem lustig, solange du danach noch deine figer rühren und blogeinträge tippen kannst.viel vergnügen weiterhin wünscht
die mama
also endlich habe ich es auch geschafft diese seite zu finden!
letztens hat es aus unerklärlichen gründen nicht geklappt und hinzukommt ja noch mein fehlendes log. denken was computer und internet angeht :)
alles alles liebe nachträglich zum geburtstag, auch wenn es nun etwas sehr verspätet kommt!
soweit scheint ja alles klar bei dir zu sein, ne?
na denn genieße es bitte ausgiebig raus aus dresden zu sein!!! ist das breste was man zurzeit machen kann :(
fühl dich gedrückt und lieb gegrüßt
die schnegge
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